Der Italienisch-Äthiopische Krieg: Ein Kampf um Unabhängigkeit und die Legende von Hailé Selassié

Die Geschichte Äthiopiens ist geprägt von Widerstand, Stolz und einer tiefen Verbindung zu seiner kulturellen Identität.

Inmitten dieser faszinierenden Geschichte steht eine Figur, die den Status eines Nationalhelden erlangt hat: Hailé Selassié I. Als Kaiser Äthiopiens regierte er über vier Jahrzehnte, führte sein Land durch turbulente Zeiten und kämpfte unerbittlich für die Unabhängigkeit seines Volkes.

Selassié war nicht nur ein politischer Kopf, sondern auch eine Symbolfigur des Widerstands gegen Kolonialismus. Sein Kampf gegen die italienische Invasion im Zweiten Weltkrieg hat den Äthiopiern bis heute einen tiefen Sinn der Nationalstolz und Einheit eingepflanzt.

Die Vorgeschichte: Spannungen zwischen Italien und Äthiopien

Um das Jahr 1935 zeichnete sich ein dunkler Schatten am Horizont ab. Benito Mussolini, der italienische Diktator, träumte von einem italienischen Kolonialreich in Afrika. Er hatte sein Auge auf Äthiopien geworfen, ein unabhängiges Königreich inmitten des afrikanischen Kontinents, das schon seit Jahrhunderten seine eigene Kultur und Traditionen pflegte.

Die Italiener versuchten zunächst, durch diplomatische Verhandlungen eine friedliche Annexion Äthiopiens zu erreichen. Doch Selassié, ein scharfer Verhandlungspartner und entschlossener Verteidiger seiner Nation, weigerte sich kategorisch. Er sah in der italienischen Forderung einen Angriff auf die Souveränität und Unabhängigkeit seines Landes.

Die Spannungen zwischen beiden Nationen stiegen kontinuierlich an. Italienische Truppen begannen, sich entlang der äthiopischen Grenze zu sammeln, während Selassié seine Armee mobilisierte und den Kampf gegen die Invasion vorbereitete.

Die italienische Invasion und der Widerstand Hailé Selassies

Am 3. Oktober 1935 begann der italienische Angriff auf Äthiopien. Italienische Truppen überschritten die Grenze und stießen tief in äthiopisches Gebiet vor. Der Krieg war grausam und geprägt von ungleichen Kräften. Die italienische Armee verfügte über moderne Waffen, Panzer und Flugzeuge. Die äthiopische Armee hingegen kämpfte mit veralteten Waffen und begrenzten Ressourcen.

Trotz der militärischen Überlegenheit der Italiener weigerte sich Selassié zu kapitulieren. Er führte einen erbitterten Widerstand an, mobilisierte die Bevölkerung und rief zu einem Kampf für die Freiheit auf. Selassié selbst befand sich immer wieder an vorderster Front, inspirierte seine Truppen und gab ihnen Mut in den dunkelsten Stunden.

In einer legendären Rede vor der Liga der Nationen verurteilte Selassié die italienische Aggression scharf und bat die internationale Gemeinschaft um Unterstützung. Sein Appell blieb jedoch weitgehend ungehört. Die Weltöffentlichkeit sah passiv zu, wie Italien Äthiopien besetzte und annektierte.

Der Fall Addis Abeba und die Exilzeit Selassies

Im Mai 1936 kapitulierte Addis Abeba, die Hauptstadt Äthiopiens, unter dem Druck der italienischen Truppen. Hailé Selassié ging ins Exil, zuerst nach England und später in die Karibik.

Doch selbst im Exil gab Selassié nicht auf. Er setzte seine diplomatischen Bemühungen fort, um internationale Unterstützung für die Befreiung seines Landes zu gewinnen. Gleichzeitig bereitete er den Widerstand gegen die italienische Besatzung vor.

Der Zweite Weltkrieg und die Rückkehr Selassies

Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1939 sah Hailé Selassié eine Chance, Äthiopien aus der italienischen Knechtschaft zu befreien. Die britischen Truppen, die nun Italien den Krieg erklärt hatten, benötigten Verbündete in Afrika. Selassié bot seine Unterstützung an und versprach, gegen die Italiener zu kämpfen.

Im Jahr 1941 befreiten britische Truppen zusammen mit äthiopischen Widerstandskämpfern Addis Abeba von der italienischen Besatzung. Hailé Selassié kehrte als Sieger nach Hause zurück und wurde von jubelnden Menschenmassen empfangen.

Die Nachkriegszeit: Selassies Herrschaft und sein Vermächtnis

Nach dem Krieg setzte Hailé Selassié seine Herrschaft über Äthiopien fort. Er führte das Land durch eine Phase des Wiederaufbaus und der Modernisierung, Initiierte Reformen im Gesundheitswesen, Bildungssystem und in der Infrastruktur. Selassié war auch ein wichtiger Akteur auf der internationalen Bühne und spielte eine führende Rolle in der Gründung der Afrikanischen Union.

Seine Herrschaft war jedoch nicht ohne Kritik. Selassiés Regierung wurde gelegentlich als autoritär kritisiert. Dennoch bleibt Hailé Selassié bis heute eine Symbolfigur für den äthiopischen Widerstand gegen Kolonialismus.

Selassies Vermächtnis ist komplex und vielschichtig. Er war ein entschlossener Kämpfer für die Unabhängigkeit seines Landes, ein charismatischer Führer und ein wichtiger Akteur auf der Weltbühne. Sein Kampf gegen die italienische Invasion hat tiefe Spuren in der Geschichte Äthiopiens hinterlassen und dem Land seinen Status als freiheitliebende Nation gesichert.

Selassié bleibt bis heute eine Inspiration für viele Äthiopier. Sein Kampfgeist und sein unerschütterlicher Glaube an die Unabhängigkeit seines Landes erinnern uns daran, dass Freiheit ein kostbarer Schatz ist, der immer wieder verteidigt werden muss.